PERSPEKTIVE + RAUM

Räumliche Darstellung

Der Bildraum ist kein Zufall, er entsteht im Kopf und ist imaginär. Er formuliert sich aus Linien, Größenverhältnissen, Helligkeitsabstufungen und Farben, die sich logisch zueinander verhalten. Die Perspektive ist das Werkzeug, mit dem wir diese Illusion auf der Fläche erzeugen. Wer sie beherrscht, formt Tiefe, wer sie ignoriert generiert Flachware. Der Raum im Bild existiert nicht wirklich, er wird behauptet. Aber dazu braucht es Orientierungspunkte wie die Bildeben (Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund). Je klarer diese Zonen gesetzt sind, desto überzeugender die bildnerische Tiefe. Die räumliche Bildwirkung lässt sich also durch Überlappungen, Staffelungen, Kontrastierungen und Blickwinkel steigern. Sie spielen im konstruktiven perspektivischen Aufbau eine wichtige Schlüsselfunktion. Häufig werden Fehler gemacht. Fluchtlinien laufen zum Beispiel unkontrolliert ins Nirgendwo, der Horizint hat wenig Spannung, weil er Mittig liegt, die Luft- oder Farbperspektive wird vergessen, so dass alles gleich wirkt. Zu viele Fluchtpunkte können auch die gebotene Klarheit vernebeln. Wähle daher lieber eine starke Perspektive als drei halbherzige. 

Fluchtpunktperspektive

Perspektive ist Geometrie und Konstruktion. Sie folgt einer einfachen Logik, denn Parallelen treffen sich am Horizont. Perspektiven werden mit konstruktiven Fluchtpunkten entwickelt. Der Fluchtpunkt ist dabei der Fixpunkt im Bild, wo der Blick des Betrachters ruht. Perspektive ohne Farbe wirkt technisch. Farbe ohne Perspektive bleibt flach. Die Kunst liegt im Zusammenspiel. Der Standpunkt entscheidet also. Ein leicht erhöhter Blick schafft Übersicht, Distanz und Kontrolle. Eine Froschperspektive dagegen lässt das Motiv heroisch oder lächerlich erscheinen. Das gilt für architektonische Zeichnungen genauso wie für Comics. Und ja, Spiderman weiß das. Er nutzt den Blick von oben, um Spannung und Dramatik zu erzeugen. Was in Comics funktioniert, funktioniert auch in der Kunst. Perspektive lenkt nicht nur den Raum, sondern auch Emotionen.

Zentralperspektive

Bei der Konstruktion von Kuben bleiben waagerechte Linien waagerecht und senkrechte Linien senkrecht. Nur die Tiefenlininien laufen schräg auf den Fluchtpunkt zu und stehen daher auch nicht parallel zueinander. Vereinfacht kann man nach diesem Prinzip einen Straßenzug konstruieren, der rechts und links mit einer simplen Architektur flankiert ist.



Übereckperspektive

Die Übereckperspektive stellt das Bild ebenfalls räumlich dar, kommt allerdings nicht mehr mit nur einem Fluchtpunkt, wie in der Zentralperspektive aus, sondern verlangt nach einem zweiten, da der Betrachter "über die Ecke" in zwei Richtungen und damit zwei Fluchten schaut. Nun gibt es bereits zwei Gattungen an Fluchtlinien, die jeweils schräg in die Flucktpunkte laufen. Nur die Senkrechten bleiben hier senkrecht und damit parallel zueinander.

Nach diesem Prinzip können auch Quader übereinander gelegt und gegeneinander verdreht werden. Dann verschieben sich lediglich die Fluchtpunkte (I + II / III + IV), der Augenpunkt bleibt aber einheitlich auf der selben Horizontallinie.


Konstruieren mit drei Fluchtpunkten

Mit dieser Perspektive lassen sich auch komplexere architektonische Bilder aufbauen. Wenn man zwei Fluchtpunkte übereinander setzt, erhält man konstruktiv bereits eine zweckgebundene Verzerrung sowohl in die Höhe als auch in den unteren Bildbereich. Damit gibt es überhaupt keine Parallelen mehr. Die Verzerrung kann man etwas mildern, indem man die Fluchtpunkte außerhalb des Bildes platziert.


Übersteigerte Perspektive

Übersteigert man das konstruktive räumliche Prinzip jedoch, so erhält man eine anschauliche Darstellung, die an eine Verzerrung erinnert, welche reflektierende runde Oberflächen begünstigen, Kugeln beispielsweise. In dieser zentralperspektivischen Konstruktion bleibt der zentrale Fluchtpunkt bestehen. Die Senkrechten und Waagerechten laufen nun aber am Raster der Kugeloberfläche orientiert in den jeweiligen Fluchtpunkt, der im Schnittpunkt des senkrechten und waagerechten Durchmessers liegt (Mitte). So kommen diesem konstruktiven Beispiel also vier Fluchtpunkte hinzu.

Download
Gewölbte Oberfläche Hilfsmittel
Hier kannst du dir ein konstruktives Netz herunterladen, um daran die übersteigerte Perspektive zu üben. Zeichne dir dazu den zentralen Fluchtpunkt mittig ein und erarbeite dein Bild dann nach dem oben beschriebenen Beispiel.
gewölbte Oberfläche.pdf
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LUFT- UND FARBPERSPEKTIVE

Farben und Töne könne die raumbildende Wirkung beeinflussen. Je dichter der dargestellte Gegenstand am Betrachter liegt, desto dunkler erscheint er. Je weiter er vom Betrachter entfernt liegt, desto blasser und damit heller erscheint er. Diese Abstufung wird als Luftperspektive bezeichnet. Bei farbigen Abbildungen kommt die Farbperspektive, die farbige Abstufung der Bildebenen hinzu. So verstärken kühle Töne die Wirkung der Ferne. Die sogenannte Verblauung der hinteren Bildebenen ist besonders gut in den Fotografien von Berg- und Hügelketten nachvollziehbar. Warme Farbklänge hingegen betonen die Nähe im Bild. In der mittleren Bildebene finden sich dann weitestgehend gedämpfte Töne wieder.