MODE + DESIGN

Im Spannungsfeld zwischen Marketing und Ökonomie

Neben der Funktionalität und Ästhetik eines Kleidungsstücks steht unüberwindbar der Parameter der Finanzierbarkeit. Kleidungsstücke sollen hip sein. Man will zeigen, dass man sich angesagte Marken leisten kann und zeitgemäß ist.  Labels arbeiten mit der Eitelkeit des Verbrauchers und funktionieren Kleidungsstücke gelegentlich sogar zu Werbeträgern um - clever! Dennoch soll ein Kleidungsstück noch finanzierbar bleiben. Wie die Gewinnspanne in der Textilindustrie aussieht, möchte ich im Folgenden verdeutlichen.

Kleidungsstücke entstehen zunächst immer noch analog im Atelier. Ein Designteam arbeitet für ein bestimmtes Label (z. B. BOSS). Nicht selten führen diese Arbeiten studierte Modedesigner aus, die auf Praktikantenbasis für das jeweilige Label arbeiten. Für eine bestimmte Zielgruppe entwirft es eine modische Linie, eine Stilrichtung und legt grundsätzliche Farbgebungen fest. Auf diese Weise entsteht der erste Entwurf.

Das Management bringt diesen Entwurf zur Produktionsstätte, oftmals in Fernost, da dort extrem günstig produziert werden kann. Dort werden Maßsätze festgelegt und entsprechende Schnitte entwickelt. Weltweit sind Größen genormt, weichen aber je nach Land voneinander ab. Schnittmuster verändern sich jedoch nicht radikal. Die Produktionsstätten schauen daher in ihrem Bestand nach ähnlichen Mustern und gleichen diese an. Das Erstmuster entsteht.

Dieser Prototyp geht zurück zum Label (in unserem Beispiel BOSS), wo er von Qualitätsfachleuten begutachtet wird. Diese nehmen Veränderungen am Design vor. Der angepasste Prototyp geht schließlich zurück zur Produktionsstätte, wo mehrere Muster erstellt werden, um sie dann auf Modeschauen vorzustellen.

Auf den Modeschauen sind Einkäufer großer Unternehmen geladen und entscheiden ob bzw. in welchem Umfang sie eine Produktlinie bestellen. Um die Stimmung der Kaufleute zu heben, wird eine Modeschau vom Label zu einem Event aufgewertet.


Figurine

Modeentwürfe bezeichnet man als Figurinen. Sie können detailgenau sein, dienen oftmals aber nur dazu, einen ersten Eindruck zu vermitteln und werden daher sehr frei und teilweise abstrakt verfremdet erstellt.

Die ersten Schritte, um das Design eines Kleidungsstückes festlegen zu können, sind daher in aller Regel atmosphärische Zeichnungen, Entwürfe also, in denen nicht das Detail oder gar eine Funktionalität zum Tragen kommt. Atmosphärische Figurinen sollen den ersten Eindruck vermitteln. Sie sollen bestimmte Inhalte transportieren. Daher ist der Ausdruck gefragt! Oft muten die Posen der gezeichneten Figurinen Bewegungen an, die man auch vom Shooting her kennt.

Prèt-â-Porter

Dies ist eine Modeform, die zum Tragen bereit ist, "ready to wear" und industriell in Serie produziert wird. Sie wird in Standardgrößen entworfen und gefertigt. Im fertigen Zustand erscheint sie dann auf dem Markt. Sinngemäß heißt es also "von der Stange". Labels wie H&M, Benetton oder BOSS gehören dazu.

Haute Couture

Diese Mode ist ausschließlich für den Laufsteg oder für Models geschaffen. Meistens dient sie nur der Publicity auf Modeschauen. Hier handelt es sich um Einzelstücke. Selten wird ein Kleidungsstück mehrfach genäht. Im Gegensatz zu Prèt-â-Porter wird hier analog (mit der Hand) gearbeitet. Diese Form greift auch im Ausstattungskontext (Bühnenbild/ Kostüm, Film, Musiker...).

Motivrecherche: Anregungen findest du über die Google-Bildersuche oder besser noch über Pinterest. Arbeite mit folgenden Suchbegriffen: Modedesign / Figurine / fashion sketch. Du darfst mit allen Materialien arbeiten und diese kreativ miteinander kombinieren.


Profit durch Minimierung des Produktionsaufwands

Neben aller Ästhetik und der romantischen Vorstellung von Modeschöpfung steht das dunkle Kapitel der Ausbeutung. Denn um derartige Mengen an Bekleidung bei minimalem finanziellen Aufwand produzieren zu können, muss man Löhne und Arbeitsbedingungen brachial senken. Das geht jedoch nicht im westlichen Europa, da der Industrie hier Errungenschaften des Arbeitsschutzes im Weg stünden.

In Ländern wie Bangladesch, Indien, Vietnam oder China beispielsweise können bei Arbeitsbedingungen, die an Verhältnisse zu Zeiten der Industrialisierung Europas erinnern, produziert werden. Dort gibt es keinen Jugendschutz, so dass Kinder planmäßig ausgebeutet werden können. Es gibt auch keinen Arbeitsschutz, der Arbeitszeiten regeln würde bzw. Sicherheit und Hygiene kontrolliert. Dort gibt es auch kein Versammlungsrecht der Arbeitnehmer. Es gibt keinen Mindestlohn oder gar einen Vertreter der eigenen Rechte wie Gewerkschaften oder Betriebsräte. Die Folge sind desolate Arbeitsstätten, in denen nicht selten Kinder Akkordarbeit leisten. Insgesamt herrschen dort alarmierende Zustände, die an moderne Sklaverei erinnern. Ohne Atemschutz oder andere Sicherheitsvorkehrungen werden dort hochpreisige Textilien für den solventen Westen auf den Schultern der dortigen Arbeitnehmer gefertigt. Es gibt sexuelle Übergriffe, die nicht geahndet werden, oder ein Gebäude einer Textilfabrik bricht schlichtweg in sich zusammen, wie es 2013 in Bangladesch der Fall war, und begräbt damit zahlreiche Arbeiter unter sich. Eine Konsequenz hatte dies allerdings nicht.

Wenn ein T-Shirt durchschnittlich 29,- € kosten darf, kann der Preis nicht allein über die Menge reguliert werden. Über die Hälfte des Preises kann vom vertreibenden Konzern an Gewinn aufgeschlagen werden. Nicht selten sind es sogar 300% vom Einkaufspreis. Diese Spanne nennt man Handelsspanne. Unser Luxus ließe sich nicht anders erhalten. Oder doch…?

Preisaufschlüsselung

  • 59% Handelsspanne
  • 12% Profit der Marke
  • 12% Materialkosten
  • 8% Transportkosten
  • 4% Zwischenhändler
  • 4% Profit Lieferant in Fernost
  • 0,9% Fixkosten
  • 0,6% Zahlung an ArbeitnehmerInnen

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